Keine Verschwendung von Fördermitteln, sondern der Weg zu einer diskriminierungsfreien Gesellschaft

zum Ausbau der Antidiskriminierungsberatung in der Fläche // ein Beitrag von Annett Zehnpfund

Ablehnende bis verängstigte Blicke beim Passieren der Dorfstraße, Forderungen, Flüchtlingsunterkünfte nicht in der Nähe des Wohngebietes zu errichten, Eintrittsverbot in manchen Diskotheken oder Schwimmbädern, Wohnungsbaugesellschaften, die als Einzugsbedingung deutsche Sprachkenntnisse verlangen: Lang ist die Liste an Beispielen offener und versteckter Diskriminierung, mit denen sich Menschen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft immer wieder konfrontiert sehen.
Egal, ob im Osten, Norden, Süden oder Westen des Landes, ob in kleinen Kommunen oder großen Städten. Umso wichtiger ist die Vorhaltung flächendeckender Beratungs- und Hilfsangebote für Betroffene. Über ein solches verfügt seit Oktober 2018 nun auch Sachsen-Anhalt. An den Standorten Halle (Saale) und Magdeburg bietet die neu gegründete zentrale Antidiskriminierungsstelle Menschen Beratung, die nach der Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes Diskriminierung erfahren haben. Mit der Einrichtung der Stelle reagiert das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration auf eine repräsentative Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes aus dem Jahr 2015 und auf eine an der Universität Bielefeld durchgeführte Langzeitstudie zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.
Für Sachsen-Anhalt, aber auch über das Bundesland hinaus, ein wichtiges Signal gegen Diskriminierung, denn gerade in den letzten Jahren hat sich das Klima im gesellschaftlichen Zusammenleben merklich geändert. Ein Beispiel hierfür ist der Umgang mit geflüchteten Menschen. Die Reaktionen darauf reichen von herzlicher Willkommenskultur bis hin zu absoluter Abwehrhaltung von Menschen aus fremden Kulturen. Verunsicherung und Angst scheinen die Hauptbeweggründe dieser Ablehnung zu sein. Die Diskriminierungsfälle aufgrund des Merkmals der ethnischen Herkunft haben in Sachsen-Anhalt deutlich zugenommen.
Die neue Antidiskriminierungsstelle rechnet bei der Beratung mit Widerständen in der Bevölkerung. Obwohl jeder im Laufe seines Lebens von Diskriminierung betroffen sein kann, gibt es auch Menschen, die die Einrichtung einer solchen Stelle als unnötig und eine Verschwendung von finanziellen Ressourcen sehen. Sich in diesem „rauen“ gesellschaftlichen Klima in Sachsen-Anhalt für die Gleichbehandlung und gegen Diskriminierung auszusprechen, ist eine Herausforderung. Die Entwicklung der „Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit in Deutschland“ wurde in den Jahren 2002 – 2012 vom Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld untersucht. Ein Ergebnis dieser Langzeitstudie war, dass der Rassismus in unserem Land wieder stark zugenommen hat. Auch die Haltung behinderten Menschen oder Langzeitarbeitslosen gegenüber hat einen Negativtrend erreicht. Dass Ablehnung und Diskriminierung nach wie vor stattfinden und sich dabei auch nicht nur auf das Merkmal der ethnischen Herkunft beschränken, zeigen auch die Ergebnisse der repräsentativen Erhebung und der Betroffenenbefragung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes aus dem Jahr 2015. Knapp ein Drittel der Menschen in Deutschland haben demnach in den Jahren 2013 bis 2015 Diskriminierung aufgrund eines Merkmals nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz erlebt.
Die Einrichtung von Antidiskriminierungsangeboten wie jüngst in Sachsen-Anhalt soll dazu beitragen, Diskriminierung nicht nur abzubauen, sondern ihr künftig auch vorzubeugen. Dafür bedarf es eines hohen Maßes an Aufklärungsarbeit. Das Wort Diskriminierung ist vielen ein Begriff, was aber genau darunter zu verstehen ist und dass man sich durch Annahme von Beratung oder gar durch juristische Schritte dagegen wehren kann und sollte, ist noch nicht die Alltagspraxis.
Durch die Einrichtung von Antidiskriminierungsangeboten wie jenem in Sachsen-Anhalt wird erneut unterstrichen, dass aktiv gegen Diskriminierung vorzugehen ist und Gleichbehandlung und Wertschätzung untereinander ein zu förderndes gesellschaftliches Ziel sein muss. Auf kommunaler Ebene bedeutet dies für die Antidiskriminierungsstelle Sachsen-Anhalt, sich trotz der zu erwartenden Widerstände nicht vom Weg abbringen zu lassen und das Thema Diskriminierung immer wieder ins Bewusstsein zu rufen.
Quelle: http://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2019/nl_01_2019/nl_01_gastbeitrag.html

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